Brief an Katze Shy - geschrieben von ihrer Menschenfreundin

… von einem Tag auf den anderen ging es dir plötzlich schlecht. Oder war das gar nicht so, sondern fühlte ich durchaus schon früher, dass du nicht mehr die „Alte“ warst, wollte aber lange nicht hinschauen und als ich dann bereit war hinzuschauen, da sah ich erst, wie schwach und krank du eigentlich schon warst?

Seitdem sind dreieinhalb Wochen vergangen, eine wichtige und intensive Zeit liegt hinter uns. Eine Zeit in der du dich schrittweise von deinem Körper gelöst, das Irdische los gelassen hast. Wir wurden Teilnehmer oder besser Beobachter eines in jedem Leben einzigartigen Prozesses, aus dem wir - Menschen zumindest - immer wieder am liebsten aussteigen wollten.

 

Am Anfang standen Schock, Angst, Erstarren, hin- und hergerissen sein zwischen kopflosen Tun und rastlosem Nichtstun.

 

Gottseisgedankt erhielt ich gerade in dieser schwierigen Phase wunderbare Unterstützung von Christina. Ich sage ICH und meine damit uns Menschen, mit denen du dein Leben geteilt hast und nicht wir, da DU souverän und gleichmütig wie immer, dich in die Situation eingepasst hast, dich deiner Realität hingegeben hast. So warst du im Leben und so warst du eben auch im Sterben. Wir Menschen hingegen machen vieles kompliziert und stehen nicht nur uns Menschen, sondern auch euch Tieren damit oft im Weg.

 

… Gefühle zu Eisklumpen gefroren schmelzen dahin, werden wieder frei und dürfen wieder fließen. Das WIE deines Sterbens war dein letztes Geschenk an uns. Danke dass wir dich begleiten durften und dass du uns deine klare, furchlose und einfügsame Energie hast spüren lassen. Du machtest es uns „schwer“ hysterisch, angsterfüllt oder kopflos zu sein. Ging es dir besser, tatest du genau das, wofür du noch Kräfte hattest, ging es dir schlechter, fügtest du dich wieder in diesen Zustand. So durchlebten wir einige Zyklen, Geburtswehen gleich und waren sie das letztendlich nicht auch?

 

"Was die Raupe das Ende der Welt nennt,

nennt der Rest der Welt Schmetterling"

(Lao Tse)

 

Das Symbol des Zitronenfalters, das du mir, vermittelt durch Christina, geschenkt hast, bedeutet mir sehr viel. Der Zitronenfalter ist ein wundervoller Bote zwischen dort und hier, dir und mir.

 

… und nun höre ich dich sagen, dass es wieder Zeit ist für uns, uns dem Leben zuzuwenden.

 

... und irgendwann wird, völlig unerwartet, ein Zitronenfalter in mein Blickfeld flattern. Er wird mir zuerst einen kalten Stich ins Herz geben und dann ein warmes Lächeln auf meine Lippen zaubern. In letzteren warst du immer eine Meisterin!

 Ein Zitronenfalter

überlebt Gefriergrade bis zu minus 20 Grad,

aber wenn die ersten

warmen Frühlingssonnenstrahlen

auf ihn scheinen,

beginnt erst sein luftiger Tanz

über die Ewigkeiten

von bunten Blüten und sanftem Grün.

 (Andrea Mayr)


Ich bedanke mich bei Christina aus tiefstem Herzen. Es war so wichtig, jemanden zu haben, der das Tier, das man selber sehr liebt und weiß, dass man es verlieren wird, so liebevoll und einfühlsam wahrnimmt und sich dafür einsetzt, dass das Tier gehört wird und nicht nur das eigene Ego, die eigenen Emotionen, die eigenen Glaubenssätze. Von den meisten Menschen - wohl auf Grund eigener Schwierigkeiten, mit Krankheit und Tod umzugehen - hört man in der Zeit oft nur wenig Hilfreiches beginnend von „es sei ja nur ein Tier“ bis hin zu „man müsse das Tier so schnell wie möglich von seinem Leid erlösen“.

 

Der Austausch mit Christina erfolgte ausschließlich über Mail, doch es ist unglaublich, wie wertschätzend und wohltuend diese Form der „ruhigen“ Kommunikation war. Christinas einfühlsame Präsenz war immer spürbar und begleitete uns auch wortlos die ganze Zeit über. Ihre konkrete Unterstützung war stets verlässlich, das richtige Wort zur richtigen Zeit. Ihr großes Einfühlungsvermögen und ihr bezauberndes sowie gleichzeitig sehr klares Ausdrucksvermögen halfen uns dabei, wieder ins Fühlen und damit in den Fluss des Lebens zu kommen. Sie war eine gewaltige Stütze, eine verlässliche unaufdringliche wohlwollende Begleiterin, einfach ein Engel!

 

"Es ist nie zu spät für eine Erlösung" war ein treffender Satz für mich, den sie mir schrieb und weiter "Du kannst nicht zu spät einschläfern lassen, denn wenn der Körper nicht mehr kann, geht die Seele ohnedies von alleine."

 

Ich weiß jetzt aber, dass es - in unserem Falle - ein zu früh gegeben hätte und in diesem Sinne möchte ich alle ermutigen, sich diesem letzten Prozess mit seinem Tier offenen Herzens hinzugeben und sich seinen Ängsten, Emotionen und Glaubenssätzen zu stellen.

 

Auch erwähnen möchte ich bei dieser Gelegenheit zwei wunderbare Tierärztinnen, die jeweils auf ihre Art wesentlich dazu beigetragen haben, dass der letzte Weg von Shy auf dieser Welt so würdevoll passieren hat können. 

 

Sterbebegleitung ist ein heilvoller Dienst für denjenigen, der stirbt und denjenigen, der begleiten darf - und manchmal braucht derjenige, der begleitet, aber eben auch eine Begleitung ...

 

Herzlichen Dank dafür, liebe Christina!

 

 




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